Tumortherapiezentrum

Noch vor einigen Jahren haben sowohl Tier­be­sitzer als auch Tier­ärzte Tumor­er­krankungen bei Tieren als zwangsläufig lebensbeendendes Schicksal beurteilt.

Diese Einstellung hat sich in den letzten Jahren nach und nach geändert. Heute sind wir in der Lage, Tumorerkrankungen sehr viel früher und genauer diagnostizieren und durch ent­sprechende Therapiemaßnahmen auch er­folg­reich behandeln zu können.

Im Tumortherapiezentrum des Tiergesundheitszentrums Grußendorf werden alle wichtigen Kompetenzen für die Diagnose und Behandlung von Krebserkrankungen bei Kleintieren gebündelt. Das Tumortherapiezentrum betreibt einen hochmodernen Linearbeschleuniger (auch Linac von engl. Linear Accelerator) für die Strahlentherapie bei Hunden und Katzen.

Unter dem Dach des Tumortherapiezentrums (Onkologie) arbeiten Tierärzte verschiedener Fachrichtungen zusammen und entwickeln gemeinsam ein speziell auf den jeweiligen Patienten abgestimmtes Therapiekonzept.

Ablauf einer Strahlentherapie im Tiergesundheitszentrum Grußendorf

Nach Abschluss der notwendigen diagnostischen Untersuchungen im Tiergesundheitszentrum Grußendorf wird ein Behandlungsplan erstellt und mit dem Tierbesitzer besprochen.

Mittels modernster Computertechniken und leistungsfähiger Berechnungssoftware werden Lage und Dosierung der einzusetzenden Strahlen berechnet. Kann ein Tumor durch Bestrahlung vollständig zerstört werden, spricht man von kurativer Therapie.

Die gewünschte Gesamtenergiedosis wird fraktioniert , d.h. in 15-20 täglichen kleinen Portionen verabreicht, um möglichen Spätschäden vorzubeugen. Im Gegensatz dazu können mit einer palliativen Therapie Linderung von Symptomen wie Schmerz oder z.B. Blutungen aus einem Tumor erreicht werden. In 2-6 Sitzungen werden dabei jeweils etwas höhere Strahlendosen verabreicht.

Wichtig ist bei der Bestrahlung, die selbst nur wenige Minuten in Anspruch nimmt, die perfekte Lagerung des Tieres im Behandlungsstrahl. Um die optimale Lagerung zu gewährleisten, ist für die Dauer der Behandlung eine kurze Anästhesie erforderlich.

Bestrahlt wird nach Maßgabe des Therapieplans beispielsweise in täglichen Intervallen oder einmal wöchentlich. Aufgrund der für die Bestrahlung notwendigen Anästhesie darf der Patient am morgen der vereinbarten Sitzung keine Nahrung mehr aufnehmen. Ambulante Patienten kommen jeweils am Morgen der vereinbarten Termine und können nachmittags wieder abgeholt werden.

Sollte es aus zeitlichen oder logistischen Gründen nicht möglich sein, das Tier täglich in die Klinik zu bringen, kann es für die Dauer der Behandlung gerne stationär aufgenommen werden. Bestrahlungen erfolgen in mehreren aufeinander fol­genden Be­handlungen. Je nach Tumor­art kön­nen wöchentliche oder auch tägliche Bestrahlungen verordnet werden.

Grundsätzlich werden Tumortherapien mit dem Patientenbesitzer ein­geh­end ab­ge­stimmt. Besonders während der Therapiezeit ist ein enger Kontakt zum Tierbesitzer und zum Haustierarzt, der stets über den aktuellen Stand informiert wird unerlässlich.

Behandlungsspektrum der Strahlentherapie

Die Einsatzmöglichkeiten der Strahlentherapie sind vielfältig. Alle Tumoren, die strahlenempfindlich sind, kommen für Bestrahlung in Betracht, so z. B. Tumore die chirurgisch nicht entfernt werden können, ohne dass es zu funktionellen Einschränkungen oder kosmetischen Veränderungen kommt, sowie Tumorreste nach erfolgter Operation.

  • Nasentumore
  • Gehirntumore
  • Maulhöhlentumore (malignes Melanom, Plattenepithelkarzinom, Fibrosarkom, akanthomatöse Epuliden)
  • Mastzelltumoren der Haut des Hundes
  • Weichteilsarkome
  • Kutane Hämangiosarkome
  • Fibrosarkome der Haut
  • Analbeutelkarzinom
  • Schilddrüsenkarzinom
  • Primäre und metastatische Knochentumoren (palliativ)
  • Osteoarthrosebehandlung (palliativ)

Die intensitätsregulierte Strahlentherapie (intensity-modulated radiation therapy (IMRT)) ist eine Krebsbehandlungsmethode auf dem neuesten Stand der Technik. Diese Bestrahlungsmethode sendet hoch dosierte Strahlung direkt und sehr zielgerichtet in die Krebszellen.

Mittels IMRT kann die Strahlungsintensität derart gestaltet werden, dass sich hieraus eine Strahlung ergibt, die sich eng an die Form des Tumors anpasst. IMRT befähigt den behandelnden Arzt zur Konzentration starker Röntgenstrahlen auf den Tumor des Tieres während die Bestrahlung bzw. Beschädigung von gesundem Gewebe minimiert wird.

Funktionsweise

IMRT visiert den Tumor mit unterschiedlich starken Strahlen aus vielen verschiedenen Winkeln an. In dem Gebiet, in dem sich die Röntgenstrahlen überschneiden bildet sich eine feine Wolke aus Röntgenstrahlen, die den Tumor „einwickelt“ und dessen Form annimmt.

Der IMRT Prozess startet mit diagnostischen Aufnahmen wie z.B. der Computertomographie (CT) oder der Magnetresonanztherapie (MRT). Hierbei werden Bilder vom Tumor und von der umgebenden Anatomie des Patienten angefertigt. Diese Bilder werden von einer speziellen Software in ein patientenspezifisches dreidimensionales Modell umgewandelt, welches die innere Anatomie des Patienten wiedergibt.

Ein leistungsfähiger Computer errechnet einen individuellen Behandlungsplan, der auf der Größe des Tumors, auf dessen Form und der Position im Körper basiert. Hierbei wird ebenfalls die vom Tierarzt verordnete Strahlendosis berücksichtigt.

Zusätzlich kommt ein sogenannter multileaf collimator (MLC) zum Ein­satz. Dieser MLC besteht aus vielen röntgendichten Lamellen, die un­tereinander angebracht sind. Durch das unterschiedlich lange oder kurze Ausfahren dieser Lamellen zwischen Röntgenstrahl und Patient kann der Strahl so geformt werden, wie es der genauen Anatomie des jeweiligen Tumors ent­spricht. Dabei wird das umliegende gesunde Ge­we­be best­möglich geschützt.

Oftmals kann ein chirurgischer Eingriff alleine einen bösartigen Tumor nur für kurze Zeit aufhalten. Daneben gibt es Tumoren wie z.B. solche des Lymphsystems, die operativ gar nicht zu behandeln sind.

An dieser Stelle werden häufig, alleine oder in Kombination mit einem chirurgischen Eingriff Medikamente eingesetzt, die das Tumorwachstum für eine gewisse Zeit stoppen sollen.

Der Einsatz solcher Medikamente beim Tier ist nicht mit der Anwendung beim Menschen zu vergleichen. Im Gegensatz zur Humanmedizin, bei der nach Möglichkeit ein heilender (kurativer) Ansatz verlangt wird, begnügen wir uns meistens mit einem lindernden (palliativen) Ansatz. Hierbei werden einerseits kürzere Überlebenszeiten in Kauf genommen, andererseits ist die Chemotherapie bei unseren „tierischen Patienten“ nur selten mit schweren Nebenwirkungen wie z.B. Übelkeit, Durchfall oder der Zerstörung des Knochenmarks verbunden.

Mit der Chemotherapie soll das Tier trotz Tumorerkrankung solange wie möglich unbeschwert leben. Anders als in der Humanmedizin sind Tierärzte verpflichtet, tierisches Leiden endgültig zu beenden, wenn Therapiemaßnahmen nicht mehr den erwünschten Erfolg bringen und die Anwendung von Medikamenten eine Verlängerung von Leiden und nicht von Leben bedeuten würde.